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Pressemitteilung

Gera800: Wird die Stadt bis 2037 Flüchtlingshauptstadt Europas?

ÖDP Ostthüringen kritisiert intransparente „Deals“ in der Politik und stellt Zusammenhang zwischen SungEel-Ansiedlung im Norden und EAE im Süden von Gera her

Im Zusammenhang mit der Frage, ob zur 800-Jahr-Feier von Gera 2037 die Stadt auch als offizielle „Flüchtlingshauptstadt“ gefeiert werden kann, erinnert die Geraer Vorsitzende der ÖDP Ostthüringen, Karolin Zinkeisen, daran, dass ihre Heimatstadt schon Vieles war: Hochschulstadt, Sportstadt, Einkaufsstadt, Höhlerstadt, Drei-Essen-Stadt, Wismutstadt. Aktuell wirbt Gera wieder mit dem Namen „Otto-Dix-Stadt“, weil damit wohl am Ehesten noch Leute von außerhalb in die ostthüringische Provinz gelockt werden können. Gera erhebt aber hin und wieder auch den Anspruch, Hauptstadt sein zu wollen. Den Titel „Bezirkshauptstadt“ der DDR hat man ohne eigenes Dazutun von einer Nacht auf die andere verloren; den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“ hat uns Chemnitz weggeschnappt. Kann Gera zum 800-jährigen Stadtjubiläum vielleicht doch wieder Hauptstadt werden – diesmal für Flüchtlinge? Gera gibt nicht auf: wenn man jetzt schon keine Hauptstadt von irgendwas sein kann, will man zumindest schnell wieder Großstadt werden. Diesen Status hatte die Stadt zuletzt in den 2000er Jahren. In den letzten 30 Jahren verlor Gera bis zu 35.000 Einwohner. Seitdem hat jeder Bürgermeister im Amt den inoffiziellen Anspruch gehabt, unter seiner Federführung die Stadt wieder zu dem zu machen was sie einst war: aktuell fehlen Gera noch immer knapp 5000 Einwohner für den Status einer Großstadt.

Auch der amtierende parteilose Oberbürgermeister Julian Vonarb versäumt es nicht, um Zuzug nach Gera zu werben. Wie seine Vorgänger präsentiert er Gera als Stadt mit preiswerten Mieten und günstigem Bauland – welches vormals als „kommunales Tafelsilber“ billig an Privatinvestoren verscherbelt wurde – mit dem Ziel, die Einwohnermarke von 100.000 zu knacken. Geras Baudezernat verfolgt seit Jahrzehnten die Strategie Masse statt Klasse, was an zahlreichen Strukturdefiziten feststellbar ist. Obendrauf hat die Stadt es seither nicht geschafft, ein langfristiges Stadt- und Raumentwicklungskonzept auf die Beine zu stellen. So hätte Gera schon seit 2007 im Zuge der BUGA-Sanierung zusätzlich zu „Otto Dix“ mit dem Begriff „Schwammstadt“ für sich werben, und als Musterbeispiel für andere Kommunen gelten können, ist sich die Geraer ÖDP-Vorsitzende sicher. 2023 ist „Schwammstadt“ kein kommunales Alleinstellungsmerkmal mehr sondern zu einer umweltpolitischen Notwendigkeit geworden.

Diskussionen werden über Symptome geführt aber nicht über deren Ursachen

Mit Blick auf das aktuelle Geschehen um die Diskussionen der Wiederinbetriebnahme des ehemaligen Wismut-Krankenhauses als temporäre Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Flüchtlinge aus dem überbelegten Heim in Suhl, empfiehlt die ÖDP den zusätzlichen Blick in den Rückspiegel. Die ÖDP ist verwundert darüber, dass offenbar keine der jetzt protestierenden Parteien bzw. Bündnisse im Stadtrat einen Zusammenhang zwischen den Bestrebungen der Stadtverwaltung für eine Ansiedlung des Unternehmens SungEel, und die Wiederinbetriebnahme der 2017 an das Land Thüringen verkaufte Immobilie herzustellen vermag. Die ÖDP vermutet, dass mit der intransparenten Verfahrensweise beim wirtschaftspolitischen Thema „Batterierecycling in Gera-Cretzschwitz“ gleichzeitig ein politischer „Deal“ zwischen dem OB und landespolitischen Akteuren ausgehandelt wurde. Ob dies nun von OB-Seite bewusst oder unbewusst geschah, ist nebensächlich. Fakt ist, dass der amtierende Oberbürgermeister als Parteiloser keinerlei politische Unterstützung eines Stadt- oder Kreisverbandes hinter sich hat und damit als Einzelkämpfer gilt. Fakt ist auch, dass Julian Vonarb schon länger kein Vertrauen mehr im Stadtrat genießt. Fakt ist zudem, dass der OB sich seit seinem Amtsantritt damit rühmt, als Parteiloser die besten Kontakte nach Erfurt zu pflegen und immer ein offenes Ohr bei Landespolitikern zu haben scheint. Fakt ist weiterhin, dass Vonarb seinem Credo „mehr Arbeitsplätze in Gera“ schaffen zu wollen, ganz offensichtlich alles unterordnet und dabei auch seit Längerem den Überblick bei Verwaltungs- und Kommunikationsangelegenheiten verloren hat. Nimmt man all diese Faktoren zusammen, so ist eine recht günstige Ausgangslage der SPD-geführten Ministerien „Wirtschaft“ und „Inneres“ für einen „SungEel-Flüchtlings-Deal“ zu erkennen. Eine Batterierecyclinganlage, die ziemlich wahrscheinlich als „umweltpolitische Katastrophe“ bezeichnet werden kann, darf nicht vor den Toren einer europäischen Kulturstadt oder rund um die Fahner Höhe gebaut werden – erst recht nicht, wenn schon Rudolstädter am Fuße des Thüringer Waldes gegen die Ansiedlungsbestrebungen von SungEel protestiert haben. Rudolstadt gilt zudem als Touristenhochburg – ganzjährig mit der Heidecksburg und saisonal mit dem Rudolstadtfestival (ehemals TFF) und dem Rudolstädter Vogelschießen. Gera ist – von Otto Dix mal abgesehen – in den Augen der Landesregierung das ziemliche Gegenteil einer touristischen Attraktion, hat genug Erfahrungen mit Wismut-Altlasten und braucht zudem dringend „mehr Arbeitsplätze“. Kommt da das Bestreben des Baus einer Batterierecyclinganlage im Norden Geras von der Firma SungEel nicht gerade recht? Kann der parteilose Geraer Oberbürgermeister kurz vor Ende seiner ersten (und sehr wahrscheinlich letzten) Amtszeit nicht nochmal ordentlich glänzen mit 100 neuen Arbeitsplätzen? Braucht Gera, um endlich Großstadt zu werden, nicht ohnehin mehr Zuzug von außerhalb? Und – last but not least – lassen sich all diese Flüchtlinge nicht irgendwann einmal auch in den Gerschen Arbeitsmarkt bei SungEel und Amazon integrieren?

Die ÖDP Ostthüringen fragt sich, ob ein Bürgermeister mit SPD-Parteibuch das Risiko kurz vor den Kommunalwahlen auf sich genommen hätte, ein umweltpolitisches Desaster in Gera anzusiedeln und gleichzeitig eine EAE mit mehreren hundert Flüchtlingen „abzunicken“. Dass Vonarb gar nicht erst gefragt wurde bzgl. EAE liegt auf der Hand: die Immobilie ist nicht mehr kommunales Eigentum sondern gehört dem Land. „Einen SPD-Oberbürgermeister in Gera hätte man mit Sicherheit durch ein SPD-geführtes Innenministerium vorab in Kenntnis gesetzt“, zeigt sich die Geraer ÖDP-Vorsitzende überzeugt. Die Parteilosigkeit des amtierenden Geraer OB als vermeintlicher Vorteil wird innenpolitisch eiskalt ausgenutzt, denn auch in Erfurt weiß man mittlerweile, dass Vonarb in Gera nur verbrannte Erde hinterlässt.

Die ÖDP fordert, im Zuge der aktuellen Debatten um die Wiederbelebung der Erstaufnahmeeinrichtung, den Blick zurück auf das überstürzte Vorgehen der Geraer Verwaltungsspitze beim Thema „Batterierecycling“ zu werfen. Die ÖDP findet zudem die zeitnahe Entscheidung sehr verwunderlich, was die Übernahme des Migrationsministeriums durch SPD-Mann Maier betrifft. Seit mehr als 2 Jahren schaut die Landesregierung tatenlos zu, wie die EAE in Suhl aus allen Nähten platzt. Vor 2 Jahren wollte SungEel seine Batterieanlage noch in Rudolstadt bauen. „Batterierecycling ist ein Wachstumsmarkt“ schreit es allerorten und am lautesten schreit unser Wirtschaftsminister Tiefensee, SPD. Damit das südkoreanische Unternehmen nicht auf den Gedanken kommt abzuwandern, um ohne EU-Finanzspritze in seiner Heimat echte Kreislaufwirtschaft zu betreiben, musste schnell noch eine Lösung für die Landesregierung her – andernfalls würden die EU-Milliardensubventionen für Batterie- und Chipfabriken außerhalb Thüringens verbaut werden. Gera diente der Landesregierung – wie in den letzten Jahrzehnten üblich – mal wieder als Notnagel.  „Wurden die Gerschen Verhältnisse wieder mal dazu benutzt, um aus der Not (der Landesregierung), eine Tugend zu machen?“, fragt die ÖDP Ostthüringen daher sehr ernüchtert und ist sich sicher: „Mit einem ÖDP-Oberbürgermeister oder einer ÖDP-Stadtratsfraktion gehören politische „Deals“ aus dem Hinterzimmer endlich der Vergangenheit an!“

Quellen:
https://www.weimar.de/
http://www.fahner-frucht.de/fahner/fahner-obst/index.php/obstanbau/ueber-uns
https://www.pressreader.com/germany/thuringer-allgemeine-artern/20230824/281840058220814

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