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Persönlicher Kommentar

Schwierige Zugangswege zur Psychotherapie nicht wirklich überraschend

Ergebnisse der Umfrage der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung e.V. (DPtV) nicht wirklich überraschend

Sozialpsychiatrischer Dienst

Sozialpsychiatrischer Dienst

Für den Vorsitzenden des ÖDP-Regionalverbandes Mittelthüringen Dipl.-Psych. André Ziervogel sind die Ergebnisse der Umfrage der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung e.V. (DPtV) zu den schwierigen Zugangswegen zur Psychotherapie nicht wirklich überraschend: Die Umfrageergebnisse spiegeln aus meiner Sicht vor allem die ungenügende Koordination der Hilfen in der psychosozialen Versorgung wider.
 
Aus meiner Sicht könnten wir die Wartezeiten und eine indikationskongruente Psychotherapie durch ein kommunal zentralisiertes und koordiniertes System schon deutlich verbessern. Am ehesten wäre der Sozialpsychiatrische Dienst hier ein Kandidat für diese Koordinierungsleistung. Ein Teil dieser Koordination sollte eine zentrale Warteliste für Psychotherapie sein. Die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten würden freie Therapieplätze, das Therapieformat (Richtlinienverfahren, Einzel-, Gruppen- oder Kombinationsbehandlung sowie Indikationseinschränkungen) an den SPDi melden. Der personell entsprechend ausgestattete SPDi würde über seine Beratungsstellen und gegebenenfalls den Krisendienst eine Erstzuweisung an die Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen koordinieren und/oder andere Hilfen (teil- bzw. stationäre Behandlung, psychiatrische Behandlung, Sucht- oder Sozialberatung, Sozio- und Ergotherapie, ambulant betreutes Wohnen, ambulant psychiatrische Pflege usw.) aktivieren (Anmerkung: Für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sollten Schulpsychologischer, Schulpsychiatrischer Dienst und Jugendamt eine gezielte Form der Einbindung erfahren). Ebenso könnten die ambulanten Nervenärzte und Kliniken ihren ambulanten Psychotherapiebedarf über den SPDi koordinieren. Die Notwendigkeit der psychotherapeutischen Sprechstunde würde auf diese Weise entfallen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Patientenzuweisung beschneidet nicht die Behandlungsfreiheit der Therapeutinnen und Therapeuten und damit auch nicht die Möglichkeit, einen Patienten nicht zu behandeln. Jedoch würden Patienten dann eben wissen, wie es weitergeht, weil der SPDi sie weiterhin betreut und eine weitere Behandlungskoordination erfolgt.
 
Ein solches System würde uns erstmals für einen konkreten Versorgungsbereich einen genauen Einblick in Therapieangebot und -nachfrage geben und eine verlässliche Bedarfsplanung ermöglichen. Es ist untragbar, dass sich auch bei mir Patienten vorstellen, die 12 und mehr Sprechstundenkontakte haben, aber keine Perspektive auf einen Therapieplatz.
 
Mit dem reflexhaften Ruf nach mehr Therapieplätzen liegen wir Psychotherapeuten zwar nicht völlig daneben. Aus meiner Sicht geht eine effiziente und schnelle Hilfenkoordination jedoch vor. Ich bin der festen Überzeugung (die empirisch gut begründbar ist), dass frühe und niedrigschwellige psychosoziale Hilfen wie obig beschrieben der Aggravation (Symptomverschlechterung und Chronifizierung) vieler Störungsbilder vorbeugen würde. An dieser Stelle sind weitere, hier wichtige Baustellen im Budgetierungssystem oder in der Erleichterung der gemeinschaftlichen Berufsausübung, der Gründung und des Betriebes psychotherapeutischer und psychosozialer Versorgungszentren, Versorgungsstrukturen im ländlichen Raum und ähnliches noch gar nicht angesprochen.

Finden wir uns nicht mit dem gegenwärtigen Hilfesystem ab! Jeder in psychischer Not hat die gesellschaftliche Unterstützung verdient! Sorgen wir wenigsten dafür, dass das professionelle Hilfesystem funktioniert!

Autor/in:
André Ziervogel
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Wichtiger Hinweis:
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