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Pressemitteilung

Thüringer ÖDP mit Verhandlung zufrieden

Verfassungsgerichtshof verhandelt Klage der Partei

Landesvorsitzender Martin Truckenbrodt vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar

Landesvorsitzender Martin Truckenbrodt vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar - Foto: ÖDP/Marius Braun

Die Thüringer ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei) ist mit dem Verlauf der mündlichen Verhandlung am 26. April 2022 vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof zufrieden. Nach Einschätzung des Landesvorsitzenden Martin Truckenbrodt (Landkreis Sonneberg) und des stellvertretenden Landesvorsitzenden Marius Braun (Landkreis Eichsfeld), welche die Interessen des Landesverbandes vor Gericht selbst vertraten, sind in der mündlichen Verhandlung die Versäumnisse des Thüringer Landtags noch deutlicher geworden. Mit den kommenden Kommunalwahlen am 12. Juni 2022 sei bereits der Wiederholungsfall gegeben. Auch für diese Wahlen habe der Thüringer Landtag als verantwortlicher Gesetzgeber nicht vorausschauend gehandelt. Die Entscheidung des Gerichts ist für den 22. Juni 2022 angekündigt.

Anlass für das Verfahren ist der Sachverhalt, dass der Thüringer Landtag im Vorfeld der Kreistagswahl am 20. Juni 2021 im Wartburgkreis keine Erleichterungen auf Grund der Corona-Einschränkungen beschlossen hat. Die ÖDP sieht hierdurch die verfassungsgemäßen Grundsätze der Gleichheit der Wahl und der Chancengleichheit der Parteien nicht mehr ausreichend eingehalten. Martin Truckenbrodt weist in diesem Zusammenhang nun auf mehrere Mängel der Wahlgesetzgebung hin.

Größter Mangel an der Thüringer Kommunalwahlgesetzgebung sei die Amtseintragung. Im Gegensatz zu Europa-, Bundes- und Landtagswahlen müssen bei Kommunalwahlen in Thüringen die Unterstützungsunterschriften in den Rathäusern erfolgen und können nicht in freier Sammlung auf der Straße geleistet werden. In Rheinland-Pfalz wurde beispielsweise die Amtseintragung bereits im Vorfeld der dortigen Kommunalwahlen 1999 abgeschafft. Zum anderen ist die Anzahl der zu sammelnden Unterstützungsunterschriften nicht linear an die Anzahl der Wahlberechtigten gekoppelt, sondern an die Anzahl der Sitze des Kommunalparlaments. Diese wiederum ergeben sich aus der Anzahl der Einwohner und nicht der Wahlberechtigten. Sie ist zudem in kleineren Gemeinden proportional deutlich höher als in größeren Gemeinden. In kleineren Gemeinden müssen im Extremfall bereits im Vorfeld der Wahl so viele Unterschriften gesammelt werden, wie diese als Wählerstimmen für das Erreichen eines Sitzes im Gemeinderat notwendig sind. Weiterhin bemängelt Truckenbrodt die weitestgehende Gleichbehandlung von Parteien und Wählergruppen, welche in der Auswirkung Parteien teilweise benachteiligt. Wählergruppen benötigen etwa keine ordentlichen Mitglieder, um Wahlvorschläge aufstellen zu können. Parteien hingegen benötigen drei ordentliche Parteimitglieder vor Ort und müssen trotzdem ebenfalls die Unterschriften von zehn Unterzeichnern des Wahlvorschlags beibringen, um diesen einreichen zu können.

Nachdem das Gesetz zu einer möglichen Neuwahl des Thüringer Landtags im Jahr 2021 nun zum letzten Jahresende ausgelaufen ist, müssen in Thüringen bei regulären Neuwahlen des Thüringer Landtags nun wieder 250 Unterstützungsunterschriften für Wahlkreisvorschläge (Direktkandidaten) gesammelt werden. Das entspricht in etwa 0,64 Prozent der Wahlberechtigten. Laut aktuell gültiger Rechtsprechung liegt hier der Maximalwert allerdings bei nur 0,26 Prozent der Wahlberechtigten des Wahlkreises. Deshalb liegt dieser Wert in den meisten anderen Bundesländern bei 100 Unterstützungsunterschriften, sofern die Landtagswahlkreise nicht deutlich größer als in Thüringen sind. Die ÖDP hat den Thüringer Landtag in den letzten Jahren bereits mehrfach auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Auch in einer aktuellen Initiative der Regierungsparteien zur Änderung des Landeswahlgesetzes (Drucksache 7/5040) ist wieder keine Korrektur dieser verfassungswidrigen Festlegung vorgesehen. Weiterhin gibt es nun wieder keine Festlegung für die im Falle einer vorzeitigen Neuwahl des Thüringer Landtags zu sammelnden Anzahlen an Unterstützungsunterschriften, da diese Festlegungen ebenfalls in diesem nur befristet gültigen Gesetz getroffen wurden. Laut Truckenbrodt ist deshalb das nächste Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wohl unvermeidlich. Die dafür wieder aufzuwendenden Steuergelder wären allerdings anderweitig besser eingesetzt.

Dazu Truckenbrodt abschließend: „Für uns ist ein geradezu systematisch sehr laxer Umgang des Thüringer Landtags mit seiner Verantwortung als Gesetzgeber bei der Wahlgesetzgebung erkennbar. Wir können nicht einschätzen, ob es hier lediglich Optimierungspotential bei den internen Arbeitsabläufen gibt, oder ob man übermäßige Angst vor uns kleineren Parteien hat. Aber gutheißen können wir dies nicht nur im eigenen Interesse sondern auch als überzeugte Demokratinnen und Demokraten nicht.“

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